Beneder Fischer Architekten
Anja Fischer and Ernst Beneder in Conversation
Gemeinsam stellten sich Anja Fischer und Ernst Beneder, stellvertretend für die 1996 gegründete und in Wien 1 ansässige Arbeitsgemeinschaft Beneder Fischer Architekten, unseren Fragen.
Frau Fischer, wie erleben Sie es in Ihrem beruflichen Alltag, als erfolgreiche Frau in einem noch immer männerdominierten Berufsstand tätig zu sein?
Anja Fischer: Es kommt vor, dass wir bei einer Planungsbesprechung vom Vorsitzenden (dem ich gegenüber sitze) mit „Sehr geehrte Herren, heute haben...“ begrüßt werden. Und auf der Baustelle sind einige Handwerker durchaus überrascht, aber nach kurzer Zeit tritt dann ein „Gewöhnungseffekt“ ein. Wir haben auch festgestellt, dass es mittlerweile wesentlich mehr Handwerkerinnen auf der Baustelle gibt.
Wenn Sie nicht ArchitektIn geworden wären, wohin hätte Sie Ihre Leidenschaft beruflich sonst geführt?
Anja Fischer: Kein Konjunktiv. Ich habe auch in Kultur- und Sozialanthropologie promoviert, zehn Winter bei Tuareg-NomadInnen in der Sahara Feldforschung betrieben und unterrichte auf diesem Gebiet an der Universität Wien.
Ernst Beneder: Das Besondere an diesem Beruf ist, dass er in viele Felder und Lebenswirklichkeiten führt. Umso mehr schätzen wir den universalistischen Ansatz im Entwurf und die Erfahrungen aus vielen Berufen, die in eine Realisierung einfließen. Neben dem Bauen ist es das Unterrichten und das Schreiben, das mich immer wieder herausfordert.
Was würden Sie gerne planen/gestalten (völlig ungeachtet dessen, ob es realistisch oder realisierbar ist), wenn Sie dazu absolut freie Hand und Muse hätten?
Ernst Beneder: Viele Aufgaben werden erst in der Auseinandersetzung mit einer konkreten Herausforderung zu etwas Besonderem. Die „freie Hand“ findet vielleicht zunächst keinen Anhaltspunkt.
Anja Fischer: Einige unserer Projekte sind “Lieblingsaufgaben“, die wir gerne planen.
Selbst wenn alle Rahmenbedingungen für die Umsetzung stimmten - gibt es eine Bauaufgabe, die Sie dezidiert ablehnen würden, etwas, das Sie NICHT bauen wollten?
Anja Fischer: Gefängnisse und Abschiebeeinrichtungen würden wir nicht gerne planen.
Ernst Beneder: Die Liste könnte fortgesetzt werden, um nicht gleich von Atomkraftwerken zu sprechen, genügt ein Blick auf den Alltag: Spekulationsobjekte, die ausschließlich Investoreninteressen folgen und jeden Anspruch an Raum, Kontext und Verortung vermissen lassen.
Gibt es für Sie eine Epoche/eine Person in der Architekturgeschichte, die Sie inspiriert und die Anregungen für das heutige Bauen bieten kann?
Anja Fischer: Einerseits der Konstruktivismus und anderseits Zeltbauten sowie die Raumnutzung in der Zentralsahara.
Ernst Beneder: Für mich ist ein mehrjähriger Aufenthalt in Japan die Quelle der Inspiration. Ich denke dabei an die historische Gartenarchitektur der Zen-Tempel und an Klassiker wie den frühen Kenzo Tange. Und besonders an meinen Lehrer Kazuo Shinohara, dem ORTE in der Kunsthalle Krems 1979 eine große Einzelausstellung ausgerichtet hat.
Welche Rolle spielen ArchitektInnen heute in der Gesellschaft? Sollen sie sich politisch engagieren, und wenn ja, in welcher Form kann das im Sinne einer Förderung der Baukultur erfolgen?
Ernst Beneder: Wie vorhin angedeutet, haben ArchitektInnen Einschau in viele Tätigkeitsfelder, die primär von SpezialistInnen bestimmt werden. Die Gleichzeitigkeit der Wahrnehmung von Veränderungen, Chancen und Fehlentwicklungen sollte uns Verpflichtung sein, uns immer wieder zu Wort zu melden. Darin liegt auch eine immens politische Dimension weit vor jener, mit der unsere Projekte in der Tagespolitik ständig konfrontiert sind.
Wie sind sie auf uns aufmerksam geworden, und was wünschen Sie sich von Orte Architekturnetzwerk Niederösterreich?
Ernst Beneder: In meinem CV steht: ORTE-Gründungs- und Vorstandsmitglied, Vorsitzender 1999 – 2001. In kritischem Geist gegründet, möge uns dieser auch in Zukunft die Aufbruchstimmung und die Freude am Entwerfen und Entdecken erhalten.
Anja Fischer und Ernst Beneder - Arbeitsgemeinschaft Beneder Fischer Architekten, August 2018