Aichberger Architektur ZT GmbH
Andreas Aichberger in Conversation
"Neben einer möglichst ressourcenschonenden und ökologisch sinnvollen Planung steht vor allem auch die Nachhaltigkeit im städtebaulichen Kontext im Vordergrund." - Andreas Aichberger, stellvertretend für das Team von Aichberger Architektur ZT GmbH, das sowohl in Wien 5 als auch in St. Pölten mit einem Büro vertreten ist, auf die Frage nach seinen Prioritäten.
Lieber Andreas Aichberger, welche architektonischen Aufgaben beschäftigen Sie gerade beruflich?
Andreas Aichberger: Zum einen Sanierungen von historischer Bausubstanz - meist in Verbindung mit Zubauten oder Dachgeschoßausbauten - und zum anderen die Neuplanung von Wohnhäusern und Wohnhausanlagen.
Wenn Sie nicht Architekt geworden wären, wohin hätte Sie Ihre Leidenschaft beruflich sonst geführt?
Andreas Aichberger: Der Beruf des Architekturschaffenden ist ausgesprochen spannend, er beinhaltet sehr viele Facetten: technische, künstlerische, organisatorische und juristische Aspekte und noch einige mehr. Für mich wären diese anderen involvierten Bereiche auch als Hauptberuf interessant. Wenn es aber genauso leidenschaftlich sein soll wie die Architektur, dann vielleicht am ehesten das Kochen!
Gibt es für Sie eine Epoche/eine Person in der Architekturgeschichte, die Sie inspiriert, die Anregungen für das heutige Bauen bieten kann?
Andreas Aichberger: Obwohl wir uns sehr viel mit Gebäuden um und vor 1900 beschäftigen dürfen, sind einige Thesen und Ansätze der Moderne für mich sehr relevant. Es gilt, diese aber kritisch zu hinterfragen und auf Ihre Anwendbarkeit zu überprüfen.
Versteht man sich in Ihrem Beruf heutzutage (noch) als Bau-KÜNSTLERiN, oder sieht man sich eher als DiensleisterIn; in welche Richtung schlägt das Pendel (bei Ihnen persönlich) eher aus?
Andreas Aichberger: Ich habe durchaus einen künstlerischen Anspruch, den ich bei unseren Projekten einfordern und umsetzen kann. Für mich ist ein/eine Bau-KÜNSTLERiN jemand, der aus der Architekturszene mit den eigenen erarbeiteten Konzepten noch einmal deutlich heraus sticht – als solchen sehe ich mich nicht.
Was würden Sie gerne planen/gestalten, wenn Sie dazu frei Hand und Muse hätten, völlig ungeachtet dessen, ob es realistisch oder realisierbar ist?
Andreas Aichberger: Wir beschäftigen uns natürlich wie andere auch mit dem Thema „Leistbares Wohnen“. Ökologie, Barrierefreiheit, Brandschutz, Ausführungsnormen, Baurecht, Infrastruktur, ... fast jeder Einzelaspekt ist für sich wichtig. Das hat aber zur Folge, dass wir nur bedingt Spielraum haben, mit den Herstellungskosten nach unten zu kommen. Ich würde gerne eine Wohnanlange realisieren, in der alle technischen und behördlichen Anforderungen sinnvoll berücksichtigt und einige einzelne Bauteile frei definiert sind und aus diesem Korsett hinauswachsen dürfen, indem nicht alle Bauteile diese Anforderungen auf die gleiche Art erfüllen müssen.
Wie schätzen Sie Dynamik und Qualität des heimischen Architekturschaffens ein - im Vergleich mit anderen europäischen Ländern?
Andreas Aichberger: Dazu kann ich die Dänen als Beispiel anführen: Hier finden sich ein gewisses Selbstverständnis und ein Rollenbild in der Gesellschaft, und Dänemark ist allgemein bekannt für gutes Design. Und daher hat auch jeder und jede die Pflicht, wenn er etwas errichten lässt, einem gestalterischen Qualitätsstandard zu entsprechen. Gleichzeitig denke ich, wir hatten - und haben weiterhin - eine sehr gute heimische Architekturszene, die anhand von herausstechenden Bauten auch international wahrgenommen wird. Beim grundsätzlichen Anspruch der Allgemeinheit an die Architektur ist aber noch Luft nach oben.
Welche Rolle kommt ArchitektInnen heute in der Gesellschaft zu, welchen Stellenwert haben sie?
Andreas Aichberger: Das Bauen an sich ist komplexer geworden und dadurch wurde eine Spezialisierung unumgänglich. Dass sich dabei die Berufsgruppe der ArchitektInnen ihre Rolle des Generalisten mit allen Vor- und Nachteilen bewahren konnte, trägt zu Recht zu einem hohen Stellenwert bei.
Welche Position sollte heute die Politik gegenüber der Architektur im Idealfall einnehmen?
Andreas Aichberger: Basierend auf dem Wissen über die Vergangenheit, dass die Politik die Architektur für ihre eigenen Zwecke instrumentalisiert hat, finde ich die aktuelle Situation eigentlich zufriedenstellend. Architekturschaffenden gelingt es immer wieder neu, eine adäquate Antwort zu einer Bauaufgabe zu finden, und ich habe den Eindruck, dass dieser Umstand der Politik sehr wohl bewusst ist.
Sollen sich ArchitektInnen politisch engagieren, und wenn ja, in welcher Form soll das erfolgen, im Sinne einer Förderung der Baukultur?
Andreas Aichberger: Jeder Mensch sollte sich politisch engagieren. Ob das in der Rolle des/der ArchitektIn geschieht, ist eine persönliche Entscheidung. Ich persönlich konzentriere mich in dem Zusammenhang auf jene Themenbereiche und Herausforderungen, die ich für wichtig und sinnvoll erachte, wie die innerstädtische Nachverdichtung, Stadtteilrevitalisierung und Restaurierung sowie die Weiterentwicklung von historischen Bauten.
Wie sind sie auf uns aufmerksam geworden, und was wünschen Sie sich von ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich?
Andreas Aichberger: Ich wünsche mir, dass ORTE auch weiterhin das Potenzial von jungen, niederösterreichischen Architekturschaffenden erkennt und auf sie aufmerksam macht. Ich weiß, wie schwer es am Anfang ist, sich beruflich zu etablieren.
Andreas Aichberger - Aichberger Architektur ZT GmbH, September 2018