Matthäus Barthofer
im Gespräch
Lieber Mätthäus, wie bist du auf ORTE aufmerksam geworden?
Durch eine Freundin, aus dem Raum Krems. (Raumplanerin)
Hast du eine Idee wie sich ORTE in baukulturellen Vermittlungsfragen in Niederösterreich einsetzen sollte; oder hast du einen heimlichen Wunsch, welche Themen du aktiv bei ORTE/mit ORTE einbringen möchtest, in welche Richtung du ORTE anstupsen könntest?
Beiträge junger Künstler:Innen und Architekt:Innen, die sich mit Zukunftsthemen wie demographische Entwicklung, Verdichtung, minimaler Ressourcenverbrauch usw. beschäftigen.
Wie kam es, dass du Architektur studiert hast? Erinnerst du dich an den Impuls dazu?
Das stand in meiner Kindheit bereits fest. Eine frustrierte Mathematiklehrerin hätte es schon fast verhindert.
Ich kann mich heute noch sehr gut an einen Besuch in den Siebzigern bei einem befreundeten Architekten meiner Eltern, in seinem neuen Haus, erinnern. Ich fühlte mich wie auf einem anderen Planeten. Es gab sehr unterschiedliche Raumstimmungen, Gänge mit brettergeschalten Sichtbetonwänden, dunkle Holzverkleidungen, große helle lichtdurchflutete Räume mit Teppichboden und Lichtkuppeln.
Wenn du nicht Architekt geworden wärst, wohin hätte dich deine Leidenschaft beruflich sonst geführt?
Meine zweite Wahl bei der Stammbucheintragung in der Volksschule - bei Berufswunsch - war Priester. Ich war in unserer Pfarre Ministrant, mich faszinierten die Zeremonien und beeindruckten die beiden Kirche, die wir wie unsere Westentasche kannten.
Gibt es eine Epoche oder eine Person in der Architekturgeschichte, die dich inspiriert und die Anregungen für dich oder überhaupt das heutige Bauen bieten könnte?
Das ist schwer zu sagen. Mich beeindruckt die romanische Baukunst sehr und mich inspiriert die Moderne. Neue Visionen und der Mut der 60er und 70er Jahre würden unserer heutigen Zeit guttun.
Welche Aufgaben beschäftigen dich derzeit beruflich?
Die Schülerinnen und Schüler auf die Matura vorzubereiten.
Vor kurzem haben wir mit einem großartigen, achtköpfigen Team an einem geladenen Wettbewerb teilgenommen. Wir warten noch gespannt auf das Ergebnis.
Was würdest du - im Zusammenhang mit deinem beruflichen Umfeld - gerne ändern können?
Ein gewisses Berufsethos bei spekulativen Projekten.
Zur regionalen Situation in Niederösterreich: Was sind die dringendsten Fragen, auf die die Architektur und Raumplanung in den nächsten Jahren wird Antworten liefern müssen?
Die intensive Auseinandersetzung mit den Leerständen in den Dörfern und Städten. Dort wo Wachstum erforderlich ist, mutige und nachhaltige Stadtplanungsprojekte.
Und es gibt noch andere Fragen, die sich stellen: Welche Identität haben unsere Orte, wer oder was prägt diese?
Momentan werden die Gemeinden sehr stark durch die Ortsränder geprägt. Das Dorfwirtshaus ist oft nicht mehr im Ort, sondern an der Tankstelle an der Peripherie zu finden. Ein Kollege hat mir vor kurzem gesagt: Die Menschheit lebt seit der Urzeit in Übergangszonen, nicht unter freiem Himmel, nicht im Inneren der Höhle, sondern am Höhleneingang, dort wo auf alle Einflüsse entsprechend reagiert werden kann. So ist es auch heute!
Wo sind die gebauten Zeugen unterschiedlicher Epochen, mit ihren typischen und unverwechselbaren Eigenheiten, die mit den Orten und ihren Bewohner:innen verbunden sind?
Mit dieser Frage tue ich mir schwer. Ich habe leider oft den Eindruck, dass die Verbundenheit zu den unverwechselbaren Eigenheiten von den landsuchenden Städtern in den Dörfern besser erkannt und geschätzt wird. Liebevoll restaurierte Häuser sind oft in Besitz von Menschen aus der Stadt. Warum das so ist? Das könnte man lange diskutieren.
Welche Auswirkungen hat die Klimakrise unmittelbar auf das Baugeschehen, was bedeutet sie für Architektur und Baukultur?
Viel wichtiger ist mir, zu erwähnen, dass wir Architektinnen und Architekten zu einem erheblichen Anteil an der Klimaerwärmung beteiligt sind. Für die Veränderung braucht es mehr Initiative von Seiten der Politik.
Matthäus Barthofer, ORTE-Mitglied, im schriftlichen Interview, Mai 2023.
Barthofer ist Architekt in Krems, wo er auch an der HTL Sanierungstechnik, Baukonstruktionslehre, Konstruktionsübungen, Gebäude und Gestaltungslehre, Baustillehre unterrichtet. Seit 2023 ist er auch als Kellergassenbauberater tätig.