An-other Trash Culture
AusstellungDer indische Designer und Publizist Sarvesh Singh beschäftigt sich als Artist in Residence im Herbst und Winter 2024 mit Materialien, die hauptsächlich als Abfall angesehen werden. Mittels Dekonstruktion und magischem Realismus möchte er Müll und Rückstände in einen anderen Kontext stellen und ihnen eine neue Bedeutung verleihen. Sarvesh Singh wird folglich Stoffe beforschen, verformen und in Installationen dokumentieren, um die universelle Verbindung zwischen Wert und Nachhaltigkeit zu reflektieren und „eine andere Müll-Kultur“ zu fördern.
„In seinem Gedicht von 1993 schlug A. R. Ammons vor: ‚Müll muss das Gedicht unserer Zeit sein‘. 30 Jahre später leben wir in einer Welt, in der Wirtschaftswachstum und Abfall rationale Schlussfolgerungen sind, Müll aber absichtlich in den Hintergrund gedrängt wird. Ausgelöst durch neoliberale Verschönerungskampagnen und blindwütiges Konsumverhalten plagt ein solches deplatziertes kulturelles Temperament die Städte von New Delhi bis New York. Einerseits gibt es Orte, an denen Schönheit und Ekel im alltäglichen Straßenmüll verwoben sind. Andererseits gibt es auch Orte, an denen beides rituell voneinander getrennt wird, wobei letzteres fast bis zur Unsichtbarkeit verdrängt wird. Um zu erkennen, wie das Abgelehnte und Abstoßende oft zum Gegenpol des Schönen wird, bewege ich mich in den verflochtenen Räumen der politischen Vorstellungskraft zwischen unseren gesellschaftlich überheblichen Vorstellungen von Müll, Wert, Ressource und ihren unzähligen Assoziationen mit dem ultimativen Schlagwort unserer Epoche: Nachhaltigkeit.
Inspiriert von Alberto Alessis Essay, „Cannibal Architecture: A Collection of Source Material on the Embodiment of History from the Middle Ages to the Renaissance“ habe ich eine Reihe von Gerichten gezaubert, die den Wert von Baumaterialien untersuchen, die in der Moderne üblicherweise als Abfall angesehen werden. Die Zutaten für diese Gerichte wurden auf Wanderungen durch die Täler, Städte und Wälder der Wachau – von Krems über Dürnstein bis Melk – gesammelt und kuratiert, um zu zeigen, wie Baukultur in der Natur verortet und nicht von ihr getrennt ist, die rücksichtslos ausgebeutet wird, bis hin zu irreversibler Knappheit und zum Klimawandel.
Wenn das nicht-hierarchische, vernetzte Paradigma der Geschichte des Bauens und der Natur so ausgelegt ist, dass es unseren ursprünglichen Appetit befriedigt, können wir endlich erkennen, dass Abfall ein Lager für Baumaterialien ist, das durch seine innere Widerstandsfähigkeit gegen eine lediglich wiederholte, aber gewaltsame Entnahme aus der Natur wertvoll wird. Gebäude, die im Laufe der Zeit zu Müll zerfallen, verschlüsseln immer noch Erinnerungen und führen, wie es im Text von Alessi heißt, „... zu einer (im weitesten Sinne) anthropomorphen Architektur“ des Prestiges und der Triebe. (Sarvesh Sing)
Als Architekt mit vielfältigem internationalen Hintergrund wird Sarvesh Singhs Arbeit in erster Linie von den soziokulturellen Kontexten beeinflusst, in denen sie entsteht. Seine Erfahrungen mit Projekten in Indien, Spanien, Südafrika und den USA haben ihm eine facettenreiche Perspektive auf die gebaute Umwelt gegeben. Der junge indische Designer will die Grenzen zwischen Fachgebieten und Medien überbrücken und versucht dies mittels Experimenten in den Bereichen Skulptur, Installation, Film und Storytelling. Oft arbeitet Sarvesh Singh mit einheimischen Handwerkern zusammen und untersucht dabei, wie bestimmte Diskurse und Formen der Ortsgestaltung unterschwellig das Leben der jeweiligen Gemeinschaften und Ökosysteme verbessern.