Architektur erFAHREN - Review

Geführte Fahrradtour

Raum Macht Klima

Fr, 24. Mai 2019, 9-13 h
Vom Vorplatz des Hauptbahnhofs
in den historischen Kern St. Pöltens

Auf dem Rücken des eigenen Drahtesels begab man sich unter der Leitung von Architekturhistorikerin Maria Welzig auf eine 5 km lange Spurensuche zu einem bunten Mix wegweisender Bauten ab 1900, die das Stadtbild St. Pöltens in sehr unterschiedlicher Weise zum Teil heute noch prägen. Museumsleiter Thomas Pulle vom Stadtmuseum wusste in mitreißend vorgetragenen Ergänzungen, die historische Hintergründe auszuleuchten, nicht auf den ersten Blick ersichtliche Bezüge zum Hier und Jetzt in St. Pölten zu unterstreichen. Bauphysiker Peter Holzer oblag der Part, anhand der vorgestellten Gebäude zu verdeutlichen, wie herausfordernd die Aufgabe ist, Gebautes, das nicht ursprünglich in Passivhausqualität konzipiert war, klimafit für die Zukunft zu machen. 

Eine Jugendstilikone unweit des Bahnhofs bot Gelegenheit zu erfahren, wie man bei einem Gebäude zum Einsatz gebrachte Gläser aufgrund ihrer Erscheinungsform historisch richtig zuordnet. Entdeckt wurde das in den Komplex eines hochmodernen Hotels integrierte, verborgene Juwel des ehemaligen Stadtsaals, das durch sein 50-er Jahre Design, angereichert um prunkvolle Nuklearbarockleuchter, bestach. Anhand des Wesely-Hauses stellte sich die Frage, ob und wie Unikate aus den 60-er Jahren, eingebettet in dichte Verbauung, erweitert werden sollen. Die Alpenlandzentrale veranschaulichte, wie selbst bautechnisch diffizil ausgestattete Gebäude klimatechnologisch noch nachgerüstet werden können. Dass man auf historisch denkwürdigem Boden steht, ließ die Synagoge emotional erfahren, deren reicher Innendekor verblüffte. Und auch im Hammerpark, einer der Grünoasen in Zentrumsnähe, wurde der historische Kontext zu beschämenden Geschichtsperioden an der in ihrer Schlichtheit beeindruckenden Gedenkstätte für Opfer des Nationalsozialismus spürbar. Den Abschluss bildete die Wohnanlage eines Otto Wagner Schüler aus den 20-er Jahren, der bereits wusste, wie Wohnen für Viele ästhetisch anspruchsvoll umsetzbar ist. Die Überlegungen, wie historische Bauten bauphysikalisch zu adaptieren seien, gipfelten anhand dieses Beispiels in der Conclusio: „Außen dämmen oder innen dämmen – einen der beiden Tode muss der Architekt sterben.“

Fotos: Manfred Schimek

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