Für die Programmierung der Architekturtage 2026 eröffnet die Infrastruktur ein weites Feld an Themen und Formaten, von der Großstadt bis zum Dorf, vom alpinen Raum bis zur Donau. Infrastruktur bildet die Schnittmenge dessen, was Architektur und Ingenieurwissenschaft leisten können. Sie bietet faszinierende Einstiege in komplexe Themen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, für Fachpublikum und Laien. Sie eröffnet Gesprächsräume über das, was uns verbindet.
Warum Infrastruktur? Welche Formen von Ver- und Entsorgung, Transport und Verkehr, welche sozialen Infrastrukturen in Stadt und Land halten unser Gemeinwesen zusammen? Die Architekturtage 2026 richten den Blick auf jene dieser gebauten Infrastrukturen, die im Alltag unserer Umwelt fest verankert sind, und jene, deren Grundlagen gerade erst geschaffen werden. Infrastruktur folgt primär den Kategorien des Notwendigen und Funktionellen, wenn sie die Sicherung sämtlicher Abläufe des Alltagslebens organisiert. Trotz dieser Beschränkung kann Infrastruktur eine symbolische und repräsentative Dimension erreichen, oft allein durch ihre Größe, aber manchmal auch gezielt, geplant und gestaltet. Infrastruktur ist das Zusammenwirken materieller und nichtmaterieller Anlagen, Vorrichtungen und Institutionen auf einen „übergeordneten Zweck“ hin. Sie sorgt nicht nur für den möglichst reibungslosen Ablauf im Alltag der Stadt und sichert so das (Über-)Leben seiner Bevölkerung, sie beeinflusst auch die Form und Gestalt städtischer und landschaftlicher Räume und prägt deren langfristige Entwicklung. Dabei bleibt sie meist im Hintergrund und tritt erst ins allgemeine Bewusstsein, wenn sie versagt. Dass sie in den Debatten der Architektur – selbst der Planung – vielfach einen Nebenschauplatz darstellt, ist vor diesem Hintergrund gänzlich unverständlich. Denn es bedarf kollektiver Anstrengungen und umfangreicher Kompetenzen in der Planung, Überzeugungskraft und technisches wie kulturelles Wissen, um Infrastrukturen Wirklichkeit werden zu lassen. Brücken, Kraftwerke, Bildungsbauten und die vielen sozialen Infrastrukturen des Sorgetragens. Feuerwachen und Serverfarmen, Großwärmepumpen und Logistikzentren. Sie alle prägen sie die gebaute Umwelt aus Stadt und Land – und alles, was dazwischen liegt. Grund genug, den Infrastrukturen des Alltags, ihrer Geschichte, Gegenwart und Zukunft eingehend Aufmerksamkeit zu schenken.
Greifbares Objekt und unsichtbares Netzwerk: Was die Infrastruktur uns erzählt Gebautes Architektur-Objekt und unsichtbares Netzwerk sind in diesen Infrastrukturen untrennbar miteinander verzahnt. Infrastruktur hat ihre eigene Gestalt und ihre eigene Ästhetik. Die Architekturtage machen diese größeren Zusammenhänge, die sich in physischer Substanz manifestieren, begreifbar. So entfaltet sich ein Blick auf unsere gebaute Umwelt als das, was die Gesellschaft verbindet, was Geschichten über unseren Alltag und unser Zusammenleben erzählt. Es lassen sich Brücken schlagen und Leitungen legen von der Vergangenheit in die Zukunft. Die in der Architekturgeschichte oft vernachlässigte Infrastruktur-Historie mit ihren Bahnstrecken, Kraftwerken, Hochquellenleitungen, Amtshäusern, Krankenhäusern und Bildungsbauten hat viele zivilisatorische Grundlagen geschaffen, die bis heute funktionieren, und deren Qualität sich vielfach erst im Laufe der Jahre herausstellt. Planung hat Konsequenzen, berechnete Kapazitäten bewähren sich, wie etwa die Extremwetterereignisse der letzten Jahre unmissverständlich klar gemacht haben, noch nach Jahrzehnten – oder auch nicht. Das zukünftige Äquivalent von Bahnviadukten, Hochquellenleitungen und Kraftwerken sind die Infrastrukturen von morgen: Tiefenbohrungen und Erdsonden, Wärmepumpen und Windräder, Orte für Re-Use- und Recycling, die neuen Energie- und Anergienetzwerke der Dekarbonisierung und die digitale Infrastruktur von Datencentern. Hier entscheidet sich heute, was uns morgen verbindet, und manches (wie Windräder) ist sichtbarer und verändert unsere Landschaft, anderes (wie Erdsonden) passiert außerhalb unseres Blickfeldes. Doch beides ist wesentlich.
Systeme des Zusammenlebens, Netzwerke des Sorgetragens Die Architekturtage zeigen sowohl herausragende Best-Practice-Beispiele dieser Infrastrukturen als auch umstrittene Bauprojekte, bei denen sich Fragen zu den Machtstrukturen stellen, die sie ermöglichen oder behindern. Aber auch die vielfältigen Phänomene in der „Grauzone“ dazwischen sind erstaunlich ergiebig: Die Kisten in den Gewerbegebieten am Stadtrand und ihr System von Logistik und Lieferketten. Die Feuerwachen und die Bauhöfe in kleinen Gemeinden und ihr System von Gemeinschaft und Zusammenhalt. Sie können Geschichten erzählen über das, was uns verbindet, und die Strukturen ihres Entstehens: Politische Entscheidungen, handfeste Interessen, Normen, Gesetze, Standards, Machtverhältnisse. Im sich dynamisch entwickelnden System der fossilen und postfossilen Energieinfrastruktur, von Öl- und Gaspipelines bis zu Windturbinen und Photovoltaikfeldern, bündeln sich die Machtinteressen der Geopolitik mit der planerischen Arbeit in Architektur, Ingenieurwesen und Landschaftsgestaltung. In der Gesamtschau lassen sie sich leichter erkennen und in der Nahaufnahme der Einzelobjekte lassen sie sich leichter begreifen. Denn Infrastruktur ist nicht nur Objekt und Netzwerk, sondern auch der Raum dazwischen – infrastructure space. Vielleicht mehr als alles andere hält uns die soziale Infrastruktur zusammen, weil sie uns allen gehört. Denn es gibt, um Margaret Thatcher zu widersprechen, sehr wohl eine Gesellschaft. Krankenhäuser, Schulen, der soziale Wohnbau, die Netzwerke des Sorgetragens und die oft unterschätzte Care-Arbeit, die in ihnen geleistet wird. Kein Mensch ist eine Insel, und keiner dieser Bauten steht kontextlos alleine da. Gerade Bildungs- und Kulturbauten von Vorarlberger Schulbau der 1960er Jahre über die burgenländischen Kulturzentren der 1970er Jahre bis zum Wiener Campusmodell der Gegenwart bilden Systeme, die zwischen Strategie und Eigendynamik oszillieren.
(Text: Wolfgang Kos, Christian Kühn, Maik Novotny)
Das Symposion Lindabrunn wurde 1967 als Steinbildhauer-Symposion gegründet und wird heute von einem jungen, intersdisziplinären Team als offener Ort zeitgenössischer Kunstproduktion geführt. Auf einem 24 Hektar großen Skulpturen- und Landschaftspark in der hügeligen Landschaft des Triestingtals treffen Kunst und Natur auf einzigartige Weise aufeinander. Die enge Verbindung von künstlerischem Erbe, aktueller Produktion und seltener Biodiversität macht das Gelände zu einem besonderen Ort. Seine Geschichte wie auch sein ökologischer Kontext regen zur Auseinandersetzung mit relevanten Fragen an – in Kunst, Gesellschaft und Umwelt.
Im Jahr 2024 begab sich die erste Exkursion der Reihe (g)runderneuert in den südöstlichen Raum Niederösterreichs. Auf dem Programm standen sorgfältig wiederbelebte Areale und markante Bauwerke, die von einer neuen, zukunftsgewandten Nutzung zeugen. Im Fokus standen alte Industriegebiete, die mit besonderem Gespür für Bestand, Kontext und soziale Funktion einer vorbildlichen Transformation unterzogen wurden. 2025 wurde die Reihe konsequent fortgesetzt – diesmal führte der Weg ins Waldviertel, eine Region, deren Identität eng mit der Textilproduktion verknüpft ist.
Die Wachaubahn, eine der historischen Schmalspurbahnen Niederösterreichs, war einst die Lebensader für abgelegene Ortschaften entlang der Donau. Ihre knapp 35 km lange Strecke verbindet Krems mit Emmersdorf und wurde 1909 eröffnet, um Handel, Pendlerverkehr und Tourismus gleichermaßen zu ermöglichen. In ihrer Blütezeit transportierte die Bahn täglich hunderte Menschen und war zentral für die wirtschaftliche Entwicklung der Region.
Wie wird es sein – im Mai, an der Donau, dort in Grimsing? Es ist still an der Donau an diesem Morgen. Der Strom liegt ruhig zwischen den Hügeln der Wachau, als hätte er kurz vergessen, wie kraftvoll und unberechenbar er sein kann. Doch wer die Augen länger offenhält, spürt: Etwas regt sich. Ein kaum hörbares Umschichten, ein sanftes Ziehen im Wasser, ein Atemholen des Flusses. Alte Seitenarme öffnen sich wieder, Ufer verlieren ihr steinernes Korsett, und in den Zwischenräumen des Kieses glimmt erstes, zartes Leben. Es ist, als würde die Donau in sich hineinhorchen – und sich erinnern. Also fahren wir hin…
Es gibt Wege, die kühlen. Wege, die atmen. Wege, die Geschichten erzählen. Und oft sind es die Alleen, die uns auf solchen Wegen begleiten – als grüne Tunnel, lebendige Achsen, atmende Zeitzeugen – wie die Lindenallee bei Ladendorf im Weinviertel. Sie wurde 1722 gepflanzt und ist mit ihrer Länge von vier Kilometern die größte Europas.
Der neu errichtete Konzertsaal Hermannswörth stellt ein bemerkenswertes Beispiel für die Synthese von Architektur und Akustik dar. Unter der Federführung von Architekt Johannes Kraus entstand ein Raum, der weit über funktionale Anforderungen hinausreicht. Ziel war es, ein intensives sinnliches Erleben zu ermöglichen – für Musiker:innen, Vortragende wie auch für das Publikum. Der Entwurf zielt auf den Moment, in dem Raum und Klang miteinander verschmelzen: wenn Architektur hörbar und Musik sichtbar wird.
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