(g)runderneuert III
Exkursion durch das obere Mostviertel zur Wiederbelebung von Brachflächen in Niederösterreich
Eintägige ExkursionIm Jahr 2024 begab sich die erste Exkursion der Reihe (g)runderneuert in den südöstlichen Raum Niederösterreichs. Auf dem Programm standen sorgfältig wiederbelebte Areale und markante Bauwerke, die von einer neuen, zukunftsgewandten Nutzung zeugen. Im Fokus standen alte Industriegebiete, die mit besonderem Gespür für Bestand, Kontext und soziale Funktion einer vorbildlichen Transformation unterzogen wurden. 2025 wurde die Reihe konsequent fortgesetzt – diesmal führte der Weg ins Waldviertel, eine Region, deren Identität eng mit der Textilproduktion verknüpft ist. Über 400 Jahre industrieller und handwerklicher Fertigung haben eine reiche, wenn auch vielfach vergessene, Baukultur hinterlassen. Zahlreiche, oft ungenutzte Gebäude – ehemalige Webereien, Spinnereien und Arbeiterquartiere – prägen bis heute die Ortsbilder. Die Exkursion machte ausgewählte Beispiele sichtbar, in denen Erhalt und Weiterentwicklung kein Widerspruch sind, sondern kreative Synergien ermöglichen.
2026 richtet die Erkundungstour den Blick in das obere Mostviertel und startet in der Landeshauptstadt:
Die ehemalige Glanzstofffabrik in St. Pölten ist ein eindrucksvolles Zeugnis industrieller Architektur des 20. Jahrhunderts. Ab 1906 entstanden erste Produktionshallen, in den 1920er Jahren kamen Kessel- und Turbinenhaus sowie der markante 100 Meter hohe Ziegelschornstein hinzu. Der Zweite Weltkrieg hinterließ weitere Bauten wie den Wasserturm, sodass ein vielfältiges Ensemble aus Ziegel, Stahl und Beton entstand, das über Jahrzehnte das Stadtbild prägte.
Nach der Stilllegung 2008 verschwanden Schornstein und Wasserturm, doch große Hallen und Bürotrakte blieben bestehen. Diese wurden unter Denkmalschutz gestellt und nach und nach für neue Nutzungen geöffnet. Heute finden dort Kulturveranstaltungen, Märkte und Konzerte statt, auch eine Boulderhalle belebt das Areal.
Aus der einstigen Fabriklandschaft entwickelt sich Schritt für Schritt ein neuer Stadtteil: die „Glanzstadt“. Ziel ist es, die historische Bausubstanz als Identitätsträger zu erhalten und gleichzeitig Raum für Wohnen, Arbeiten und Freizeit zu schaffen. Damit wandelt sich das ehemalige Industrieareal von einem Ort der Produktion zu einem offenen Quartier, das Vergangenheit und Zukunft miteinander verbindet.
Es führt Marion Praskac von Glanzstoff Events.
Die Voith Group ist seit über einem Jahrhundert eng mit St. Pölten verbunden. 1904 nahm hier die erste Auslandsniederlassung des Unternehmens den Betrieb auf, auf einem Areal von mehr als 150.000 Quadratmetern südwestlich der Innenstadt. Schon die ersten Bauten setzten architektonische Akzente: eine weitgespannte Maschinenbauhalle und eine große Gießerei, beide mit markanten Stahlkonstruktionen, die den industriellen Fortschrittsgeist der Zeit widerspiegelten. In den folgenden Jahrzehnten wuchs das Ensemble kontinuierlich – von massiven Stahlbetonhallen der Zwischenkriegszeit bis zu funktionalen Fertigteilbauten der Nachkriegsära. So entstand ein vielschichtiges Architekturpanorama, das die industrielle Entwicklung des 20. Jahrhunderts nahezu exemplarisch dokumentiert.
Die Industriearchitektur am Standort ist dabei kein starres Erbe, sondern ein Areal im Wandel. In Teilen wird noch immer produziert – etwa Komponenten für Wasserkraftwerke und Antriebstechnik – doch parallel dazu entsteht ein neuer Nutzungsmix. Durch die geplante Ansiedlung des Vorarlberger Beschlägeherstellers Blum erfährt das Gelände eine umfassende Revitalisierung. Statt neuer Flächenversiegelung setzt man auf die Umnutzung und Sanierung der historischen Bauten: ein Beispiel für die Transformation klassischer Industriearchitektur in eine nachhaltige, zukunftsorientierte Wirtschaftslandschaft.
Es führt Martin Rohrer, Prokurist und Gewerberechtlicher Geschäftsführer der Voith Hydro.
In Melk, zwischen Stift und Stadt, liegt die ehemalige Tischlerei Fürst – ein Ort, der heute weit mehr ist als eine stillgelegte Werkstätte. Über Jahrzehnte prägten Wohn- und Produktionsräume, Schauräume und Gärten das Areal. Die Architektur blieb dabei stets pragmatisch: massive Mauern, klare Grundrisse, flexible Hallen. Genau diese Einfachheit macht sie nun so wertvoll für die Nachnutzung.
Seit der Umsiedlung des Betriebs in eine ehemalige Garnspinnerei in Golling an der Erlauf ist im Herzen von Melk ein vielfältiges Quartier im Entstehen. In den alten Hallen finden sich heute Co-Working-Spaces, eine Kleinkunstbühne mit 250 Sitzplätzen, Räume für Familien- und Kulturangebote, sogar ein Hostel und ein Makerspace für Handwerk-Workshops für Kinder und Jugendliche. Künstler:innen haben Fassaden und Silos neu interpretiert und geben dem Ort frische Identität.
Im Rahmen des New European Bauhaus-Programms entwickelt sich das Gelände nun zu einem europäischen Vorzeige-Stadtquartier zur Belebung des ländlichen Raums. Geplant ist die Sanierung des Altbestands und die Erweiterung durch Neubauten als Heimat eines bunten Nutzungsmix aus Arbeiten, Wohnen, Kultur, Gewerbe und Gastronomie, dazu öffentliche Plätze und Gärten. Unter dem Motto „ZusammenWachsen“ wird aus der Tischlerei ein lebendiger Treffpunkt, der Geschichte und Zukunft auf besondere Weise verbindet.
Es führt Lukas Fürst, NEB-Projektinitiator und Geschäftsführer von Fürst Möbel.
Die ehemalige Molkerei in Mank steht am Scheideweg zwischen Erinnerung und Vergänglichkeit. Jahrzehnte lang prägten ihre massiven Backsteinbauten, klaren Linien und funktionalen Hallen das Ortsbild – ein lebendiges Zeugnis industrieller Arbeit, in dem einst die berühmte Manker Butter hergestellt wurde, die weit über die Region hinaus bekannt war. Heute ist das Areal ein Lost Place, leer und devastiert. Es ist ein Ort, an dem die flüchtige Präsenz menschlicher Arbeit und Gemeinschaft noch immer spürbar scheint – doch all das wird bald verschwinden.
Denn die Pläne für die Zukunft sind radikal: Die Molkerei wird abgerissen, nichts von der alten Struktur soll erhalten bleiben. Diese endgültige Transformation macht den Moment umso kostbarer. Noch einmal kann man durch die Hallen gehen, bevor die Gebäude fallen und die Spuren für immer verschwinden.
Seit rund 25 Jahren steht das Gelände still. 2017 übernahm die Stadt das Areal, entfernte die alte Biogasanlage und begann, eine Vision für die Zukunft zu entwickeln: Ein kompaktes Stadtquartier soll entstehen, in dem Wohnen, Handel und Grünflächen miteinander verschmelzen. Für 2026 ist der nächste große Schritt geplant: Die Molkerei weicht 180 neuen Wohneinheiten und einer durchdachten Quartiersentwicklung.
Es führt Bürgermeister Martin Leonhardsberger.
Route:
9.15 h Abfahrt vom Busbahnhof St. Pölten
9.20 – 9.45 h Ehemalige Glanzstofffabrik, Herzogenburger Straße 69, St. Pölten
10 – 12 h Voith Group - Division Hydro, Linzer Straße 55, St. Pölten
12 – 13.30 h Mittagessen am Voith Gelände im Betriebsrestaurant Dussmann
14 – 15 h Ehemalige Tischlerei Fürst, Abt Karl-Straße 27a, Melk
15.20 bis 17 h Ehemalige Molkerei, Bahnhofstraße 18, Mank
17.30 h retour am Bahnhof St. Pölten
Exursionsleitung: Heidrun Schlögl, ORTE-Geschäftsführerin
Eine Kooperation mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie ecoplus, Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich
Modalitäten / Anmeldung
Die Teilnahmegebühr (diese wird Mitte Oktober bekannt gegeben) beinhaltet die gemeinsame Busfahrt ab bzw. bis St. Pölten sowie fachkundige Vorträge und Führungen, ebenso das Mittagessen im Betriebsrestaurant Dussmann am Voith Gelände (Suppe, Hauptspeise, Dessert und Kaffee/ Tee). Getränke (ausgenommen Leitungswasser) sind gesondert zu bezahlen.
Wir empfehlen Ihnen die Mitnahme eines Regenschutzes.
Die Anreise nach St. Pölten erfolgt individuell.
Anmeldungen unter office@orte-noe.at
Bei Reiserücktritt bis 26. März 2026 wird keine Stornogebühr verrechnet, danach 100 % der Teilnahmegebühr; es sei denn, die/der Stornierende bringt eine Ersatzperson. Die Vormerkung der Teilnehmer:innen erfolgt in der Reihenfolge der Anmeldungen. Erst mit Einlangen der Einzahlung der Teilnahmegebühr ist die Buchung abgeschlossen und der Sitzplatz im Bus garantiert. Achtung: Beschränkte Teilnehmer:innenzahl!
Es wird darauf hingewiesen, dass während der Veranstaltung Fotos gemacht und zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Dokumentation verwendet werden.