Baukultur in Prinzersdorf - seit den 1960ern bis in die Zukunft
Wir schauen uns an: die Generalsanierung des Rathauses, die Kirche, den neuen Waldfriedhof. Wir nehmen ein Bad in der Pielach und sitzen beim Sonnwendfeuer des Dorferneuerungsvereins.
ORTE vor Ort - Bauvisite, Tag der Baukultur
17Jun
Wir starten beim Prinzersdorfer Rathaus. Dieses ist Teil eines bemerkenswerten Ensembles, das mit der Kirche und dem gegenüberliegenden Bankgebäude ein einzigartiges Zeitdokument der späten Nachkriegsmoderne in Niederösterreich darstellt. Das Kleinod wurde nun von Ernst Beneder und Anja Fischer saniert und die hochwertigen Oberflächen des Gebäudes innen und außen wieder sichtbar gemacht und sofern notwendig aktualisiert. Im Anschluss besuchen wird die von 1961 bis 1966 nach den Plänen des Architekten Julius Bergmann erbaute Filialkirche, die unter Denkmalschutz steht. Besonders ist auch der in der Nähe gelegene Waldfriedhof, der ebenfalls von Beneder und Fischer gestaltet wurde. Abkühlung bietet nach dem Spaziergang durch den Friedhof ein Bad in der kühlen Pielach, bevor es am Abend zum Sonnwendfeuer des Dorferneuerungsvereins geht.
ABLAUF 14.30 Uhr Bauvisite Rathaus Prinzersdorf mit dem Architekten Ernst Beneder, der Architektin Anja Fischer und Bürgermeister Rudolf Schütz 15.30 Uhr Besichtigung der Filialkirche mit Heidrun Schlögl, ORTE 16.00 Uhr Besichtigung des WaldfriedhofsPrinzersdorf mit dem Architekten Ernst Beneder und der Architektin Anja Fischer 17.00 Uhr Bad in der Pielach 18.00 Uhr Sonnwendfeuer, veranstaltet vom Dorferneuerungsverein mit dem wieder gegründeten Jugendcorner.
GENERALSANIERUNG RATHAUS PRINZERSDORF
Das Rathaus (Fertigstellung 1973/Architekt Hable) folgt in seiner konstruktiven Anlage dabei den Idealen der Moderne. Es zeigt seine Tragkonstruktion mit einem nach außen gelegten Stahlbetonstützenraster, dahinter liegen durchgehende Bandfenster mit keramikverkleideten Parapeten. Es entsteht damit im Inneren ein Haus ohne Gänge, mit bester Belichtung in allen Bereichen, sowohl in der Erschließung, in den Arbeitsplätzen und in den Sälen.
Die ursprüngliche Reverenz an die niederösterreichischen Landesfarben blau/gelb als Grundkonzept des Hauses findet sich in zahlreichen Bau- und Ausstattungselementen. So sind nicht nur die gegenübergestellten Baukörper des Rathauses und der Bank beidseits der Kirche „blau“ und „gelb“, sondern auch im Rathaus ursprünglich Böden, Fliesen, Wandfarben bis hin zu den Möblierungen wie Sofas oder Sessel in diesen Farbtönen.
Das Rathaus zeichnet sich insgesamt durch die besondere Qualität, hochwertige Materialien sowie eine konsequente Konzeptionalität aus, die eine restauratorische Herangehensweise in der Behandlung der bestehenden Substanz sowie begründeten Weiterbau erlauben. So wurde besonders darauf Wert gelegt maßgebliche Elemente wie die originalen Natursteinböden, Holztüren, Wandvertäfelungen, Kupferdachdeckung, Akustikdecken, Luster im Sitzungssaal sowie die Hauptstiege mit ihren markanten Alu-Glasbrüstung zu erhalten.
Für den Aus- und Umbau des Rathauses wurden zu Beginn der Planung mehrere Szenarien gegenübergestellt und diskutiert: vom vollständigen Neubau, über die weitgehende Entkernung bis hin zur großen beziehungsweise sanften Sanierung. Letztere konnte schließlich überzeugen – durch kurze Bauzeit, kostengünstige Umsetzung, Stärkung der bestehenden Vorzüge und Beibehaltung der Identität, die diesem Haus über die 50 Jahre seines Bestehens erwachsen ist. Die nachhaltige „sanfte“ Sanierung baut auf dem Konzept der 1970er Jahre auf und ergänzt die Originalsubstanz ohne deren Räume und Anmutung in Materialität und Proportion zu schmälern. Dies beinhaltet neben der selbstverständlichen barrierefreien Erschließung, die konsequente Dämmung, die Erneuerung der haustechnischen Anlagen sowie ein neues räumliches Verständnis einer kommunalen Verwaltung.
Die ungedämmten Bandfenster und deren Beschattung wurden vollständig ersetzt und dabei ein dem original kohärenten Gesamteindruck aufrechterhalten. Die restliche Fassade sowie das Untergeschoß wurden konsequent innen mit Glasschaumplatten wärmegedämmt und damit die aussenliegenden schlanken Stützen und den großformatigen Keramikplatten im Originalzustand erhalten. Im Sinne der beanspruchten Nachhaltigkeit wurde das Heizsystem von Gas (ursprünglich ÖL) auf Nahwärme umgestellt. Die elektrischen und haustechnischen Installationen erneuert und das Lichtsystem konsequent auf LED umgestellt.
Der barrierefreie Zugang erfolgt nun ebenfalls ausgehend vom Haupteingang über eine neue Außenrampe und einen begrünten seitlichen Liftzubau. Die Bepflanzung im Vorfeld, ebenso wie jene im Gebäudeinneren werden im Sinne der 1970er Jahre eingesetzt.
Im Rahmen der Funktionssanierung erfolgte die Verlegung und Erweiterung der Bücherei vom Erdgeschoss ins neu ausgebaute Untergeschoss mit neuem ebenerdigem eigenem Zugang. Dadurch kann das erweiterte neugestaltete Amtszimmer im Erdgeschoss nun wieder zentral über die Hauptachse erreicht werden. Mehrfach wurden Funktionen im Inneren des Hauses getauscht und nachträglich eingeführt ohne die angesprochenen Großzügigkeit der Gebäudestruktur zu beeinträchtigen.
Auch dieses belegt die solide Robustheit des ursprünglichen Gesamtkonzeptes.
Rathaus Bestand: Fertigstellung: 1973 (Baubewilligung aus 1970) Planverfasser: Architekt DI Franz Hable, 3385 Prinzersdorf
Um- und Zubau: Planungsbeginn: 2020 (Baubewilligung: 2021), Bauzeit: April – Oktober 2021 Architektur und ÖBA: Architekten Ernst Beneder und Anja Fischer
Auftraggeberin: Marktgemeinde Prinzersdorf, vertreten durch Bürgermeister Rudolf Schütz
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei, die Anreise erfolgt in Eigenregie. Programmänderungen vorbehalten. Bitte beachten Sie die aktuellen COVID-19 Maßnahmen!
Am Hang in der Nähe des Mühlbachs liegt der kommunale Friedhof von Prinzersdorf, der dort 1963 samt Aufbahrungshalle errichtet und sukzessive nach Norden erweitert wurde. Durch die wachsende Nachfrage nach Urnengräbern stieß der auf Erdbestattung konzipierte Friedhof an seine Grenzen. Nördlich des Friedhofs wurde seit Jahren in guter Voraussicht intensiv aufgeforstet. 2019 wurde dieser Bereich als Wald- und Wiesengrabstätte für Urnengräber mit einer choreografierten Wegeanlage und Möglichkeiten zur Andacht und zum Gedenken von Ernst Beneder und Anja Fischer umgestaltet.
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