In der Reihe ORTE vor Ort werden herausragende Beispiele niederösterreichischen Planens und Bauens vorgestellt. Der Architekt Ernst Beneder und die Architektin Anja Fischer geben Auskunft zur Neugestaltung des Waldfriedhofs in Prinzersdorf und führen über das Areal. Bürgermeister Rudolf Schütz wird vorab erzählen, wie es zu dem Projekt und zur Zusammenarbeit mit Beneder/Fischer kam.
Am Hang in der Nähe des Mühlbachs liegt der kommunale Friedhof von Prinzersdorf, der dort 1963 samt Aufbahrungshalle errichtet und sukzessive nach Norden erweitert wurde. Durch die wachsende Nachfrage nach Urnengräbern stieß der auf Erdbestattung konzipierte Friedhof an seine Grenzen. Nördlich des Friedhofs wurde seit Jahren in guter Voraussicht intensiv aufgeforstet. Einerseits dient dieses Waldstück als Sichtschutz zu den umliegenden Einfamilienhäusern, anderseits bietet die Fläche Lebensraum für heimische Wildtiere. 2019 wurde dieser Bereich als Wald- und Wiesengrabstätte für Urnengräber mit einer choreografierten Wegeanlage und Möglichkeiten zur Andacht und zum Gedenken von Ernst Beneder und Anja Fischer umgestaltet. Das Prinzip der „Vergänglichkeit“ wie bei der Erdbestattung von Leichen wird hier auch bei Urnenbestattungen erhalten, sodass der „ewige“ Verbleib im Naturkreislauf gesichert ist. Statt Urnennischen in Stahlbetonwänden werden die Urnengräber im Ruhewald angelegt, und biologisch abbaubare Urnen bevorzugt.
Maßnahmen
Waldgrabstätten nach Art einer naturnahen Bestattung im Wald
Andachtsort bei Seerosenteich mit Pforte zum Ruhewald
Wiesengräber für biologisch abbaubare Urnen entlang Trockensteinmauer mit Wildblumenwiese
Zentraler Friedhofsplatz als Treffpunkt unter großem Baum an Wasserstelle
Räumliche Fassung durch Wildsträucher und Bäume
Waldgrabstätten (nach Norden) Der Waldfriedhof liegt an einem relativ steilen Hanggrundstück. Es wird bewusst auf viele flache „Zick-Zack-Spazierwege“ durch den Waldfriedhof verzichtet. Stattdessen wird der „letzte steinige Weg“ als „Himmelsleiter“ konzipiert. Der letzte Weg führt gerade entlang des Hanges hinauf zum „Himmel“ und zu einem Aussichtspunkt, wo sich ein Blick ins Alpenvorland bis hin zum Ötscher eröffnet. Entlang der „Himmelsleiter“ ergeben sich Stichwege mit einer Ruhebank, mit denen der Zugang zu den individuellen Ruhestätten erschlossen wird. Diese Wege sind bewusst als Sackgassen ausgeführt um nicht den Eindruck von „Gräbern entlang eines Rundweges“ zu erzeugen. Beim Waldfriedhof handelt es sich um einen „aufgeräumten“ übersichtlichen Wald ohne Unterholz. Die Grabstätte ist mit Waldboden bedeckt. Die Grabpflege übernimmt – auf natürliche Weise - der Wald bzw. die Gemeinde. Auf der langgezogenen Waldlichtung wird eine Wildblumenwiese angelegt die später auch als „Wiesen“-Ruhestätte angelegt werden kann.
Andachtsplatz Für die Verabschiedung und dem späteren Gedenken bietet sich ein stimmungsvoller Andachtsplatz an einer „Pforte zur ewigen Ruhe“. Die alltägliche Andacht findet an diesem Platz statt und nicht direkt am Grab. Das verstärkt den Ruhewald-Charakter. Das Tor zwischen dem umzäunten Friedhof und dem offenen Waldfriedhof symbolisiert eine Art Pforte durch die alle treten müssen. Vor dieser erfolgt das Gedenken an die Verstorbenen. Vor der Pforte liegt ein länglicher Seerosenteich, über den man zu Pforte schreitet. Der Teich symbolisierte den „Jordan“ über den man den Ruhewald erreicht. Bevor man den Jordan erreicht durchquert man symbolisch die „Wüste“. Eine steinerne Sitzbank umfasst den Bereich, der von zwei Seiten von Trockensteinmauern umfasst ist. Schnittblumen können am Andachtsplatz in eine Blumenleiste am Teich zum Andenken platziert werden. Alle Grabkerzen können gemeinsam in eine Lichtstele gestellt werden und leuchten so über den Friedhof.
Wiesengrabstätten (nach Westen) Die Ruhestätten in Form von Urnen-Erdgräbern liegen entlang einer Trockenmauer aus Naturstein innerhalb des Friedhofs, die gleichzeitig auch die Funktion der Hangstützung übernimmt. Die Ausführung ist an die Weinbergstützmauern in der Wachau angelehnt, da auch der Friedhof an der „Weinbergstraße“ liegt. Die Gräberzeile wird mit einer einheitlichen Wild-Blumenwiese bedeckt, die von der Gemeinde gepflegt wird. Man kann „seine“ Ruhestätte im Bereich der Zeile aussuchen, die dann mit einer einheitlichen Natursteintafel gekennzeichnet wird. Auf dem „Grabstein“ vor dem Grab werden der Name und die Daten des Geburtstags und des Todestags eingraviert.
Zentraler Friedhofsplatz Der große Ahornbaum, der sich vorher direkt neben der Friedhofsmauer befand, dient nun als Mittelpunkt und Schattenspender für den neuen Friedhofsplatz. Unter dem Baum sind mehrere Sitzbänke angeordnet und hier befindet sich nun auch eine Wasserstelle mit einem Waschbetonbecken aus dem Bestand.
Materialien: - Waldviertler Gneis: Riemchenpflaster, Trockensteinmauer, Sitzbänke - Grünes handgegossenes Schmelzglas mit Bläselung und sandgestrahlter Natursteingrafik: Pforte, Lichtstele, Eingangstor - Räumliche Fassung durch regionale Wildsträucher und Bäume wie z.B. seltene Wildblumen- und Waldsamen, verschiedene Wildrosen, Dirndl, Sanddorn, Schlehdorn, Kreuzdorn, Wollige Schneeball, Feldahorn, Eiche, Buche.
(Text nach Ernst Beneder, Anja Fischer)
Die Teilnahme an der Bauvisite ist kostenfrei, die Anreise erfolgt in Eigenregie.
Anmeldemodalitäten
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Für eine gültige Anmeldung übermitteln Sie bitte für JEDE/N TeilnehmerIn: Vor- und Zuname, persönliche E-Mailadresse und Mobiltelefonnummer. Erst nach Bekanntgabe dieser Daten und erfolgter Rückbestätigung durch ORTE ist eine Anmeldung gültig. Während der Veranstaltung gelten die behördlich verordneten Abstands- und Hygieneregeln. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist erforderlich.
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Das Rathaus in Prinzersdorf ist Teil eines bemerkenswerten Ensembles, das mit der Kirche und dem gegenüberliegenden Bankgebäude ein einzigartiges Zeitdokument der späten Nachkriegsmoderne in Niederösterreich darstellt. Besonders ist auch der in der Nähe gelegene neu gestaltete Waldfriedhof. Abkühlung bietet ein Bad in der kühlen Pielach, bevor es am Abend zum Sonnwendfeuer des Dorferneuerungsvereins geht.
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