ORTE-Unterstützer Willi Bründlmayer im Gespräch
Sie sind einer der renommiertesten Winzer des Landes und für Ihren hervorragenden Wein in Bioqualität bekannt. Weniger bekannt ist vielleicht, dass Sie ein großes Faible für gute Architektur haben. Anfang 2000 haben Sie gemeinsam mit Peter und Tuula Nidetzky sowie den Familien Steininger und Haimerl den Grundstein für das Loisium samt Hotel gelegt, den amerikanischen Architekten Steven Holl für die Planung gewonnen und damit Mut und Vision bewiesen. Die Folge war so etwas wie ein Bilbao-Effekt für Langenlois. Erzählen Sie uns bitte etwas mehr über diese Erfolgsgeschichte.
Die Verdienste rund um das Loisium Hotel und Veranstaltungszentrum stehen ausschließlich dem Ehepaar Nidetzky zu, deren weitsichtige Planung und Beauftragung ich sehr bewundere. Nachdem ich Grundstücksnachbar des Loisiums bin, habe ich mit größtem Interesse das nachbarschaftliche Projekt der Familie Nidetzky verfolgt und mich an der gemeinsamen Außengestaltung „Gedankenwellen “, der Landschaftsarchitekt:innen koala (Robert Kutscha und Veronika Oberwalder) beteiligt. Unter anderen Attraktionen hat Christoph Ransmayr für dieses Projekt einen Text gespendet, der in den „Gedankenwellen“ aufgespürt werden kann. NutznießerInnen des Projekts sind jetzt Langenloiser SpaziergängerInnen und nicht zuletzt auch die MitbewohnerInnen der Neubausiedlung „Lange Sonne“, die jetzt fußläufig vom Ortsteil „Lange Sonne“ das Stadtzentrum mit Schule und Kindergarten erreichen können. Durch die Aufschließung des Geländes und unseres Weingartens für alle FußgängerInnen, wurde der PKW Verkehr in Langenlois reduziert.
Auch in Ihrem eigenen Betrieb haben Sie bemerkenswerte Architektur geschaffen, wie etwa vor wenigen Jahren das „Sektrüttelhaus“ nach einer Planung von Architekt Christian Prasser, aber auch bereits früher haben Sie mit Architekten gebaut.
Unser Wohnhaus aus dem Jahr 1980 wurde gemeinsam mit Architekt Helmut Hempel gebaut. Es war eines der ersten Solarhäuser Österreichs. Helmut Hempel arbeitete damals am Institut für Kirchenbau der Akademie der bildenden Künste Wien. Es war einer seiner ersten architektonischen Aufträge; sein Konzept eines passiven Solarhauses hatte meine Frau und mich überzeugt. Das Haus, publiziert in „bauforum“ 1981/Ausgabe 86, wirkt heute, nach 40 Jahren, noch modern und doch ortsbildangepasst. Für meine Familie und mich war es in all den Jahren immens angenehm zu bewohnen. Helmut Hempel plante in der Folge auch sukzessive Ausbaustufen unseres Kellers, so beispielsweise ein neues Presshaus, das in seinem Gründach die Struktur der umliegenden Weinterrassen aufnahm. Es war uns immer wichtig, die alte Bausubstanz zu erhalten und zu revitalisieren. Neue Bauteile sollten aber nicht „auf alt“ wirken, sondern auf der Höhe der Zeit und mit aktueller Technik ausgestattet sein. Nachdem sich Helmut Hempel in den Ruhestand zurückzog, wurde die Kellererweiterung an Christian Prasser übertragen, der mit großer Sensibilität unser „Sektrüttelhaus“ plante und die Bauabläufe beaufsichtigte. Christian Prasser versenkte, der umliegenden Keller gedenkend, das „Sektrüttelhaus“ teilweise in die Erde, sodass der Ausblick auf die Weingärten sowohl von der Terrasse des bestehenden Kellers als auch seitens des Gartens der befreundeten Nachbarn erhalten blieb. Auch dieses Projekt verbindet größten Respekt vor gewachsenen Strukturen, zeitgemäße Technik und menschlich angenehme Benutzbarkeit. Aktuell nützen wir das „Sektrüttelhaus“ am ersten Maiwochenende für die sogenannte „Tour de Vin der Österreichischen Traditionsweingüter“. An diesem Tag der offenen Kellertüren werden die Sektrüttelpulte zur Seite geräumt und der Platz steht für Verkostungstische und für unsere Gäste zur Verfügung.
Weiters überarbeitete Christian Prasser die Innengestaltung des Heurigenhofs Bründlmayer. Der Heurigenhof ist Teil eines typischen Langenloiser Renaissancehofes. Trotz mächtiger, Jahrhunderte alter Steinmauern wollen wir nicht auf beste Belüftung und angenehme wie energiesparende Heizung verzichten. Auch im Heurigenhof Bründlmayer verwirklichte Christian Prasser seinen Stil, der jenseits von Rustikalität Wärme und Tradition im besten Sinn vermittelt. Besonders gemütlich, nett und gelungen finde ich den von ihm gestalteten Schankraum.
Zur regionalen Situation in Niederösterreich: Was sind aus Ihrer Sicht die dringendsten Fragen, auf die die Architektur und Raumplanung in den nächsten Jahren wird Antworten liefern müssen?
Sehr schwierige Aufgaben müssen in Niederösterreich in den kommenden Jahren bewältigt werden. Die wichtigste Frage aus meiner Sicht ist die Umstellung des Landes auf eigene erneuerbare Energie als Ersatz von Energieeinkauf aus umweltschädigenden, wirtschaftlich und politisch unakzeptablen, allmählich versiegenden Quellen. Die gesamte in Niederösterreich benötigte Energie sollte längerfristig umweltfreundlich in Niederösterreich selbst erzeugt und zwischengespeichert werden und das, so schnell als möglich. Je schneller die ohnehin notwendige Umstellung gelingt, desto wirtschaftlicher wird sie werden. Neben der notwendigen Energiewende ist der vermutliche Bevölkerungszuwachs zu bedenken, steigende Wohnansprüche der NiederösterreicherInnen und dies verbunden mit der Notwendigkeit, der Bodenversiegelung entgegenzuwirken.
Architektur nimmt in den notwendigen gesellschaftlichen Umbauten einen zentralen Platz ein.
Die vielfältigen Aufgaben sind nicht einfach zu lösen.
Von guter Architektur erwarte ich nicht nur, dass die technischen Vorgaben erfüllt werden, sondern dass unsere Umwelt menschlich, schön und angenehm gestaltet wird.
Und es gibt noch eine andere Frage, die sich stellt: Welche Identität haben unsere Orte, wer oder was prägt diese?
Unsere traditionellen Orte sind von ihrem Zentrum mit Ortsplatz, Kirche, Schule, Kindergarten, Greissler und Gastronomie geprägt. Aus meiner Sicht sind die Ortskerne sowohl mit Schatten spendenden grünen Bäumen als auch mit Solarbäumen auszustatten. Solarbäume sollten mit Batterie, Lademöglichkeit für elektronische Mobilgeräte, Wlan und Sitzgelegenheiten versehen sein. So würde ein moderner kommunaler Platz entstehen. Eine längere und angenehm erlebte Verweilzeit im Ortskern fördert auch die Frequenz des angrenzenden lokalen Handels wie der Gastronomie und unterstützt das wirtschaftliche Überleben der Ortskerne.
Willi Bründlmayer übernahm 1980 von seinen Eltern das Weingut in Langenlois mit legendären Lagen wie beispielsweise dem Zöbinger Heiligenstein, dem Langenloiser Steinmassl oder Langenloiser Käferberg.
Seither entwickelte er das Weingut im Spannungsfeld von Tradition und Moderne zu einem der international führenden österreichischen Qualitätsweingüter. Willi Bründlmayer ist Gründungsmitglied und erster Obmann des Vereins „Österreichische Traditionsweingüter“ und u.a. Vizepräsident der angesehenen „Académie Internationale du Vin“, die ihr Wirken der Bewahrung und Entwicklung traditioneller Weinkultur verschrieben hat.
Das Sektrüttelhaus kann beispielsweise im Rahmen der Tour de Vin am ersten Maiwochenende besucht werden.
Der Heurigenhof in Langenlois ist Donnerstag und Freitag ab 15 Uhr, Samstag und Sonntag ab 12 Uhr geöffnet.