Bahnstation wird Ordination
a r c h i t e k tun e.U. Dietrich Waldmann - Bauvisite
Zu Gast bei …Auf dem Programm steht die Bauvisite einer Bahnstation aus dem Jahr 1902, die zur landärztlichen Kassenordination für Allgemeinmedizin wurde (Planungsbeginn: Oktober 2013, Baubeginn: Dezember 2013, Einzug: Juni 2014). Architekt und Ärztin stehen zum Gespräch zur Verfügung und erklären aus je eigener Sicht die Vorteile des Sanierens, worauf dabei zu achten ist und was die Standards von Morgen sind.
Raum macht Klima - gesellschaftlich, sozial, ökologisch
Als der Gemeindearzt in Thaya mit Jahresende 2013 in Pension ging, konnten die vorhandenen Ordinationsräumlichkeiten im Ort u.a. wegen mangelnder Barrierefreiheit nicht weiterverwendet werden. Die Gemeinde sah sich nach einer Alternative um und kaufte den ehemaligen Bahnhof von Thaya. Dieser stand schon geraume Zeit leer und wurde bis zuletzt mit Kohle und Einzelöfen beheizt. Nachdem die Bausubstanz des 111 Jahre alten Gebäudes gut war, entschied man sich für eine Mustersanierung zum Plusenergiegebäude. Damit einher gingen hohe Auflagen sowohl für die Wärmedämmung als auch für die technische Ausstattung, Beheizung und Betrieb betreffend.
Welches gesellschaftliches Klima schafft eine Ordination?
Sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der medizinischen Nahversorgung. Dank öffentlicher Einrichtungen wie Kindergarten, Volksschule und Lebensmittelhandel bleiben Menschen im Ort wohnen bzw. ziehen neue Familien hierher. Ein genauso wichtiger Mosaikstein für eine funktionierende, lebendige Ortsgemeinschaft ist die ausreichende medizinische Versorgung, schafft sich doch nicht nur Identität sondern bietet auch Sicherheit für die BewohnerInnen. Indem die Bevölkerung stolz auf ihren Ort sein kann, kommt es zu einer Trendumkehr, es entsteht eine Aufwärtsentwicklung und der Landflucht wird vorgebeugt.
Wie wird das soziale Klima durch die Ordination beeinflusst?
Die Ordination ist barrierefrei eingerichtet und ein wichtiger Ort des Zuhörens, der Linderung und Heilung von Beschwerden. Die BewohnerInnen, die PatientInnen kennen ihre Ärztin und deren MitarbeiterInnen persönlich, oft auch auf anderer Ebene, und vice versa.
Die ökologischen Aspekte eines öffentlichen Gebäudes
Viele PatientInnen kannten das Gebäude noch in seiner Funktion als Bahnhof. Aufgrund der guten Bausubstanz konnte durch die Generalsanierung der Anteil an grauer Energie erheblich reduziert werden. Dank des guten Dämmstandards und der Einbindung einer 11KWp PV-Anlage für Beheizung und elektrische Versorgung ist das Gebäude mit seiner derzeitigen betrieblichen Ausstattung bereits für zu erwartende Standards der Zukunft gerüstet und weist einen vorbildlich geringen ökologischen Fußabdruck auf. Der Bevölkerung wird vor Augen geführt und sie erlebt - in diesem Fall wörtlich - am eigenen Leib, wie ein altes Gebäude durch intelligente Sanierung hohe Aufenthaltsqualität (zurück)gewinnen und damit einhergehend zukunftstauglich gemacht werden kann.
Architekt DI Dietrich Waldmann
Nach Abschluss des Architekturstudiums an der TU-Wien, 1996, praktische Vertiefung auf den ersten Passivhaus-Baustellen in Vorarlberg. Danach in der Planung und Ausführung von Einfamilienhäusern und gehobenem Objektbau in einem ausführenden Holzbau-Unternehmen tätig (zu den Referenzen zählen Büro- und Gewerbegebäude, Ordinationen sowie eine Kirche).
Der Schwerpunkt liegt auf einem ganzheitlichen Ansatz, der von Ideenalternativen über Freiraumkonzepte bis zur Beleuchtung und Planung von Einrichtungsdetails reicht. Aktuell Auseinandersetzung mit Wissensvermittlung zu den Themen Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sowie Gestaltungsaufgaben im Alltag mit Mehrwert zum Wohle für Nutzer und Betrachter.
Diese Veranstaltung findet im Rahmen der Architekturtage 2019
zum Thema „RAUM MACHT KLIMA“ statt.
Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung dazu nicht erforderlich.