(g)runderneuert II
Eine Exkursion zur Wiederbelebung von Brachflächen in Niederösterreich
eintägige Exkursion2024 führte eine erste (g)runderneuert-Exkursion durch das süd-östliche Niederösterreich, stellte wiederbelebte Areale wie Bauten vor und gab Einblick in alte Industriegebiete, wo vorbildliche Nachnutzungen bereits umgesetzt wurden. Diese Reihe wird 2025 fortgesetzt und führt ins Waldviertel, wo die Textilerzeugung auf eine 400jährige Geschichte zurückblickt und viele (ungenützte) Gebäude als Erbe hinterlässt.
Die erste Station der Rundreise bildet die ehemalige Strickwarenfabrik und vormalige Webereigenossenschaft in Hirschbach. Sie wurde 2020 von den ArchitektInnen David Calas und Barbara Reiberger erworben und zum Schauplatz der von ihnen kuratierten Ausstellung „Textiles Erbe | Aktive Zukunft“ sowie kulturellen Zwischennutzungen. Das um 1900 errichtete Fabrikgelände erstreckt sich über etwa 1.500 m² und umfasst Produktionsräume, Wohnbereiche, einen Stall, Scheunen sowie zwei Innenhöfe. Hier wurde gewohnt, produziert und Landwirtschaft betrieben. Zuletzt wurden bis 1966 Socken und Handschuhe für das österreichische Heer hergestellt. Das junge ArchitektInnenpaar wird durch die Räume führen und erläutern, wie sie das Objekt für eine zukünftige Wohnnutzung für mehrere Parteien umgestalten wollen. Geplant ist eine Finanzierung über ein Baugruppenmodell.
Zwar nicht in der Tradition der Textilindustrie stehend, aber nicht minder spannend ist der vor zwei Jahren geschaffene Proberaum und Veranstaltungsort „Moment“ in der ehemaligen Tennishalle in Litschau. Das viereinhalb Meter hohe, multifunktional nutzbare Gebäude verfügt dank flexibler Schiebewände über bis zu vier schalldichte Arbeits- und Veranstaltungsräume mit professioneller Licht- und Tonausstattung. Dazu zählen eine Kostümwerkstatt, ein Fotostudio, Lagerplätze, Aufenthaltsräume, eine kleine Bar, eine Terrasse mit Seeblick und der „Fantasiedachboden“, der auf über 400 m² Theaterrequisiten und -kostüme bietet.
Die weithin bekannte und viele Standorte umfassende Glasfabrik der C. Stölzle’s Söhne wurde erstmals um 1868/69 errichtet und nach einem Brand 1933/34 wiederaufgebaut. Die „Althütte“ in Alt-Nagelberg war auf die Erzeugung von Hohlglas für Flaschen, Flakons und dgl. spezialisiert. Die lange und verzweigte Chronik dieses Pionierbetriebes endete mit dem Konkurs im Jahr 1989. Nachbesitzer erhielten die Produktion aufrecht, bis 2010 das letzte Glas hergestellt wurde. Heute werden die Räume und Lagerflächen vermietet. Auf einem Teil der Freiflächen produzieren 2.800 Photovoltaik-Module Strom und decken den Jahresbedarf von etwa 1.000 Haushalten; eine Erweiterung ist derzeit geplant. Von der etwa 90.000 m² großen Fläche ist etwa ein Viertel mit Schadstoffen kontaminiert, was die Nachnutzung erschwert, doch will man mit Hilfe von Pflanzen die Verunreinigung reduzieren und einen beachtlichen Energiepark mit Erdwärme, Windkraft, Wasserstoff und Photovoltaik schaffen.
Während die Besichtigungen in Hirschbach, Litschau und Alt-Nagelberg bereits Aufbruchsstimmung vermitteln, liegt ein Teil der ehemaligen Möbelfabrik Bobbin in Gmünd noch im Dornröschenschlaf und droht mit Verfall, wiewohl es aktuell kleine Zwischennutzungen des 6.500 m² großen Besitzes der Gemeinde gibt. Weitere 5.000 m² von dem insgesamt 13.000 m² großen Areal wurden von der WV Lager GmbH 2018 saniert und bieten seither der Spedition Schnabl insgesamt etwa 13.500 m² Lagerfläche über mehrere Etagen. – „Den Grundstock der Holzwarenfabrik Bobbin AG, die sich 1923 in Gmünd ansiedelte, bildete die Desinfektionsanstalt, welches während des 1. Weltkriegs als Gmünder Flüchtlings- und Deportiertenlager angelegt wurde. Das Unternehmen beschäftigte in der Zwischenkriegszeit rund 80 ArbeiterInnen, die Holzspulen für die Textilindustrie erzeugten. Anfang der 1950er-Jahre erfolgte der erste große Ausbau des Firmengeländes durch den jungen Architekten Johann Staber. Aus dieser Zeit stammen das prominente Kopfgebäude und der Bürobau sowie kleine Erweiterungsbauten. Nach dem 2. Weltkrieg spezialisierte sich der Betrieb unter dem Namen Neue Bobbin auf die Erzeugung von Möbeln. Mit 450 ArbeiterInnen stellte die Möbelfabrik in den 1970er Jahren den größten Arbeitgeber der Stadt Gmünd dar. Nach dem Konkurs im Jahr 1985 wurde die Anlage geteilt und an verschiedene Unternehmungen verkauft oder verpachtet.“ (Vgl. „Das industrielle Erbe Niederösterreichs“ von Gerhard. A. Stadler und „Johann Staber und das Waldviertel“ von Sarah Stiedl).
Angereichert wird die Exkursion von Vorträgen während der Busfahrt, die Wissenswertes zum Brachflächen-Dialog zu Standortentwicklungen, Förderungen u. v. m. vermitteln.
Route
Reiseleitung und Moderation: Heidrun Schlögl, Leiterin von ORTE
8.30 Uhr pünktliche Abfahrt in Wien-Heiligenstadt, Bahnhofsvorplatz
Vortrag 1: „Warum die Erhebung von Brachflächen wichtig ist und wie uns die Künstliche Intelligenz dabei hilft.“ – Sabine Rabl-Berger, Umweltbundesamt, Wien
Vortrag 2: „Standortentwicklung auf Brachflächen & Flächenrecycling im Rahmen von Betriebsansiedlungen“ – Martin Schicklmüller, ecoplus NÖs Wirtschaftsagentur, St. Pölten
10.30 – 11.45 Uhr Besichtigung der ehem. Strickwarenfabrik Hirschbach
Es führen David Calas und Barbara Reiberger.
12.15 – 13.30 Uhr Mittagessen im Dorfwirt in Litschau
13.30 – 14.45 Uhr Besichtigung der ehem. Tennishalle Litschau – heute MOMENT
Es führt Zeno Stanek (in Anfrage), Intendant der Festivals Schrammel.Klang und Hin&Weg in Litschau.
Vortrag 3 „Bundesförderung Flächen-Recycling“ – Moritz Ortmann, Kommunalkredit Public Consulting, Wien
15.15 – 16.45 Uhr Besichtigung der ehem. Glasfabrik Stölzle in Alt-Nagelberg
Es führt Rupert Leutgeb von PV Technologies.
17.15 – 18.45 Uhr Besichtigung der ehem. Möbelfabrik Bobbin in Gmünd
Es führen Vizebürgermeister Hubert Hauer, Stadt-Baudirektor Michael Prinz und Stadtarchivar Harald Winkler sowie Patrick Koppensteiner von der Spedition Schnabl.
Ca. 20.30 Uhr Rückkunft in Wien-Heiligenstadt
Eine Kooperation mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie ecoplus, Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich.
Modalitäten / Anmeldung
Die Teilnahmegebühr beträgt EUR 100,- pro Person und beinhaltet die gemeinsame Busfahrt ab bzw. bis Wien-Heiligenstadt sowie fachkundige Vorträge und Führungen, ebenso das Mittagessen im Dorfwirt in Litschau (Vorspeise, Hauptspeise, Dessert und Kaffee oder Tee). Getränke (ausgenommen Leitungswasser) sind gesondert zu bezahlen. Auch ist ein Abend-Jausensackerl für die Retourfahrt im Preis inkludiert.
Wir empfehlen die Mitnahme eines Regenschutzes.
Die Anreise nach Wien-Heiligenstadt erfolgt individuell.
Eine Teilnahme mit eigenem PKW kann nicht gestattet werden.
Anmeldungen unter office@orte-noe.at
Bei Reiserücktritt bis 7. April 2025 wird keine Stornogebühr verrechnet, danach 100 % der Teilnahmegebühr; es sei denn, die/der Stornierende bringt eine Ersatzperson. Die Vormerkung der Teilnehmer:innen erfolgt in der Reihenfolge der Anmeldungen. Erst mit Einlangen der Einzahlung der Teilnahmegebühr ist die Buchung abgeschlossen und der Sitzplatz im Bus garantiert. Achtung: Beschränkte Teilnehmer:innenzahl!
Es wird darauf hingewiesen, dass während der Veranstaltung Fotos gemacht und zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Dokumentation verwendet werden.