Vom Bestand zur Zukunft: Holz als Sprache des Weiterbauens
Vortrag und DiskussionÜberall in Niederösterreich finden sich Zeugen einer vergangenen Bau-Epoche – unzählige Einfamilienhäuser aus den 1960er- bis 80er-Jahren, verlassene Gewerbebauten, alte Industriehallen, mehr oder weniger intakte Höfe uvm. Lange waren sie Ausdruck eines Fortschrittsglaubens, nun stehen sie da – vielfach untergenutzt und energetisch veraltet. Doch ist es wirklich sinnvoll, all das einfach dem Rückbau zu überlassen? Oder steckt im Bestehenden nicht ein enormes Potenzial – für einen verantwortungsvollen Umgang mit Raum, Ressource und Geschichte?
Diese Fragen stehen im Zentrum der Veranstaltung, die ORTE gemeinsam mit pro:Holz Niederösterreich organisiert. Es geht nicht um Tabula rasa, sondern um Transformation – um das kreative, nachhaltige Weiterbauen mit Holz. In einer Zeit, in der Baustoffe knapp, CO₂-Budgets begrenzt und Neubauten nicht mehr die erste Wahl sein sollen, gewinnt das Bauen im Bestand an Bedeutung. Holz – regenerativ, leicht, präzise und reversibel – wird dabei zur Sprache einer neuen Baukultur.
Holz als Haltung: Beispiele des Gelingens
Wie also lässt sich mit Holz weiterbauen, sanieren, verdichten – ohne den Charakter des Bestehenden zu verlieren, ja im Gegenteil: ihn sogar zu stärken?
Architektonische Beispiele aus benachbarten (Bundes)ländern geben Antworten. Etwa das Projekt Wir InHAUSer in Salzburg von cs-architektur: Eine Wohnsiedlung aus den 1980er-Jahren wird durch einen sorgfältig abgestimmten Holzhybridbau aufgestockt und energetisch saniert – ausgezeichnet mit dem Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2021.
Projektvortrag von Christoph Scheithauer, cs-architektur
Oder das Stadthaus in Linz, behutsam transformiert von mia2 Architektur: Historisches Mauerwerk trifft auf zeitgemäße Holzarchitektur – ein Dialog zwischen Alt und Neu, der sich dem Bestand nicht unterwirft, sondern ihn weiterschreibt. Auch dieses Projekt wurde vielfach prämiert.
Projektvortrag vonSandra Gnigler, mia2 Architektur
Ein weiteres Beispiel: Der Weinhof Locknbauer in der Südsteiermark – eine feinfühlige Weiterentwicklung eines traditionellen Hofensembles durch Mascha Ritter. Hier zeigt sich Holz nicht nur als Baustoff, sondern als Medium kultureller Kontinuität.
Projektvortrag durch Mascha Ritter, Mascha Ritter Architektur
Und dann ist da noch die radikale Geste des jungen tschechischen Architekten Jan Tyrpekl: eine Minimalistische Holzhütte auf einem alten Betonbunker – gebaut in Eigenregie, irgendwo im Nirgendwo an der Grenze zu Österreich. Ein Manifest des Weiterdenkens, mit einfachsten Mitteln.
Projektvortrag von Jan Tyrpekl, jan tyrpekl archiktur
Bauen im Kreislauf: Ein Praxisbericht über Systeme, Strategien, Skalierbarkeit
Neben den architektonischen Positionen kommt auch Stefan Trauner, Praktiker bei Graf-Holztechnik, zu Wort. Er gestaltet die Realität des Holzbaus täglich mit und berichtet über neue Konstruktionsmethoden, modulare Systeme, wirtschaftliche Rahmenbedingungen und vor allem über die Rolle des Holzbaus im Kontext zirkulärer Architektur.
Denn wenn Bauen heute zukunftsfähig sein will, muss es Rückbau, Wiederverwendung und Flexibilität mitdenken. Der Werkstoff Holz bietet dafür eine ideale Grundlage – als nachwachsender Rohstoff, als CO₂-Speicher, als wandelbarer Werkstoff in einem sich verändernden Lebensumfeld.
Ein Abend als Resonanzraum
Die Veranstaltung versteht sich nicht als Frontalbeschallung, sondern als offener Resonanzraum für Impulse, Gespräche, Gegenpositionen. In der abschließenden Diskussion treffen Architekt:innen, Bauunternehmer:innen, Studierende und interessierte Besucher:innen aufeinander – mit dem Ziel, konkrete Fragen zu stellen, voneinander zu lernen und gemeinsame Visionen zu entwickeln.
Moderation: Anne Isopp, Architekturjournalistin und Redakteurin des Fachmagazins „Zuschnitt“
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.
Um Anmeldung wird unter office@orte-noe.at gebeten.
Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Veranstaltung Fotos gemacht und zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Dokumentation verwendet werden.