Die Entwicklung des „WERK MÖLLERSDORF“ zu einem Quartier zum Leben und Arbeiten stößt einen umfangreichen Transformationsprozess in Traiskirchen-Möllersdorf im „Speckgürtel von Wien“ an. Das Projekt wird nicht nur neue Bewohner:innen und Beschäftigte bringen, sondern auch stadträumliche und sozioökonomische Impulse setzen und das bestehende Ortsgefüge verändern. Die Projektentwicklung befindet sich in einer frühen Planungsphase und bietet die seltene Möglichkeit, gemeinsam mit Expert:innen die vielschichtigen aktuellen Herausforderungen der Stadtteilerneuerung zu erörtern.
ORTE lädt zur Diskussion und Reflexion mit Inputs von:
Winfried Kallinger, Kallinger Projekte: Industrie im Wandel der Zeit
Maximilian Karger, Kallinger Projekte: Ökologisches Programm
Martin Moser, X42 Architektur ZT GmbH: Städtebauliches Konzept
Renate Hammer, Institute of Building Research & Innovation ZT-GmbH: Sozio-ökonomische und baukulturelle Aspekte
Moderiert von Franz Denk, ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich
Traiskirchen wird vor allem mit zwei Begriffen assoziiert: „Industriestandort“ und „Flüchtlingsunterbringung“. Zu diesem Stadtimage trug auch der Stadtteil Möllersdorf (Katastralgemeinde) im Nordosten von Traiskirchen bei, der durch frühindustrielle Gründungen - Metallwarenerzeugung, Baumwollspinnerei/Kammgarnfabrik, Appreturanstalt - ein bedeutender Produktionsort in der Region war. Eng verbunden mit den Entwicklungen in Traiskirchen, veränderten sich durch den umfangreichen Strukturwandel ab dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts Erscheinungsbild und Image des 5.000 Einwohner zählenden Stadtteils. Heute bilden durch die Schließung zahlreicher Industriebetriebe entstandene Lücken und Leerstände große Um- und Neunutzungspotenziale. Parallel zur Neuansiedlung gewerblicher Betriebe vollzieht sich ein Umstrukturierungsprozess zu einem lebenswerten Wohn- und Dienstleistungsort mit neuen Angeboten für Bildung und Freizeit. Die Stadt entwickelt sich aktuell zu einem attraktiven Zuzugsort im Bereich des Wiener Umlandes.
Ein Projekt, das diesen Transformationsprozess vorbildlich vermittelt, ist die Entwicklung des “Werk Möllersdorf“ zu einem modernen, lebenswerten Quartier. Das ca. 23.000 m² große Areal dominiert das Ortsbild von Möllersdorf. Es beherbergt eine Reihe von Industriebauten, die überwiegend zwischen 1919 und 1970 errichtet und heute nur mehr teilweise genutzt werden, etwa als Lager für das A zW, als Privatmuseum oder für Einzelbetriebe. Einige der Industriehallen weisen bemerkenswerte Gestaltungsqualitäten auf.
Das Umnutzungskonzept „WERK MÖLLERSDORF“ strebt einen attraktiven Stadtteil mit gemischt genutzten Flächen an, der durch gezielte städtebauliche Eingriffe das nahegelegene lokale Ortszentrum beleben und aufwerten soll. Zwei gestalterisch anspruchsvolle Hallen bleiben erhalten. Die übrige Bebauung wird durch teils aufgestockte, teils neu errichtete Gebäude ersetzt bzw. ergänzt. Die Neustrukturierung schreibt das lineare Grundmuster der Bestandsbebauung durch in der Höhe moderat gestaffelte und mit rundumlaufenden Freiräumen ausgestattete Wohnzeilen fort. Mit Hilfe von differenzierten Grundrissen und Größen strebt das Wohnungsangebot eine durchmischte Bewohner:innenschaft an. Fassadenberankungen, Dachbegrünungen und Photovoltaikanlagen auf den Bestandshallen sowie Erdwärmenutzung gewährleisten ein klimagerechtes und ökologisch verträgliches Projekt mit einer neutralen CO2-Gesamtbilanz. Die Freiräume sollen weitgehend entsiegelt werden. Neue Wege und Brücken über den Mühlbach - auch für Radfahrer:innen - und die Vergrößerung der bestehenden Freiflächen sollen das Areal künftig zu den Nachbarschaften in alle Richtungen öffnen. Gemischtgenutzte Gebäude sollen ein lebendiges Milieu generieren, das als Ergänzung zu den bestehenden Angeboten der Umgebung (Fleischer, Bäcker, Gastwirt) den Ortskern sozioökonomisch aufwertet und neue Arbeitsplätze schafft: Geschäfte, Museum und Depot sowie, zum Teil auch in den Obergeschoßen, Raumangebote für Dienstleistungen. Durch den Erhalt der historischen Giebelwände und die Rückstaffelung der Kubaturen an der Mühlgasse respektiert das Projekt den Maßstab der Umgebung. Die für den Stadtteil wohl attraktivste Maßnahme stellt die Öffnung des Mühlbaches an der Mühlgasse dar, der an dieser Stelle eine neue Brücke erhält und gemeinsam mit einem neuen Vorplatz künftig zum Treffpunkt, Aufenthalts- und Identifikationsort werden kann.
PROGRAMM
ORTE begleitet diesen Entwicklungsprozess und bietet diese Fachveranstaltung für Expert:innen und Studierende an, um die Visionen, Potenziale und Herausforderungen des Projekts zu erörtern, Fragen zu stellen und Antworten zu suchen. Nach einem Rundgang durch das Betriebsareal wird Wienfried Kallinger, Kallinger Projekte, als Eigentümer und Projektentwickler, gemeinsam mit Martin Moser von den Planern des städtebaulichen Konzepts X42 Architektur das Projekt vorstellen. Renate Hammer, Architektin und Gründerin des Institute of Building Research & Innovation wird auf soziale und ökologische Entwicklungen eingehen. Matthias Kendlbacher vom Ingenieurbüro Jung wird als Experte für den Bereich Energiekonzeption dabei sein. Ein großmaßstäbliches Städtebaumodell wird bereitgestellt.
In einer anschließenden Diskussion erhalten die Teilnehmer:innen die Möglichkeit zur Reflexion über das Projekt. Zum Ausklang besteht die Möglichkeit zum informellen und geselligen Zusammensein. Getränke und ein Büffet werden zur Verfügung gestellt.
Die Teilnahme an dieser Veranstaltung ist kostenlos. Anmeldung erforderlich unter: office@orte-noe.at
Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Veranstaltung Fotos gemacht und zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Dokumentation verwendet werden.
Mehr zum Thema
Zum Nachlesen: Ein Industrieareal im Wandel der Zeit
Die ORTE-Fachdebatte im Werk Möllersdorf im Nordosten des ehem. Industriestandorts Traiskirchen, einer wachsenden Gemeinde im Umland Wiens, widmete sich am 9. September 2022 dem Potential des dort gelegenen alten Fabriksgeländes, das heute im Besitz der Familie Kallinger ist.
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